Zu Gast bei Andreas Caminada

Auf Schloss Schauenstein im Kanton Graubünden trifft Schweizer Historie auf dänisches Design. Wer bei Andreas Caminada, einst jüngster Dreisternekoch der Schweiz, übernachtet oder speist, möchte nicht mehr abreisen.
Text Jen Murphy
Andreas Caminada (r.) mit Chefkoch Marcel Skibba vor Schloss Schauenstein.

Wie viele alte Burgen Europas hat Schloss Schauenstein im abgelegenen Schweizer Fürstenau eine bewegte Geschichte hinter sich. Einst erdacht als Festung des Bischofs. Im 17. Jahrhundert wurde es dann zum Wohnsitz für die gleichnamige Adelsfamilie ausgebaut. Später diente es als Erziehungsanstalt und kurzzeitig als „Zentrum für innovatives Lernen“. Internationale Aufmerksamkeit erlangte der Bau jedoch erst 2003. Koch Andreas Caminada verwandelte das Schloss in ein Restaurant und Hotel. Hier wurden so spektakuläre Gerichte serviert, dass die Gäste nur allzu gern blieben und sich gleich eines der Zimmer für die Nacht buchten.

Andreas Caminada leitet zehn Restaurants

Jede Mahlzeit beginnt mit einem Amuse-Gueule.

„Von Anfang an lag der Fokus auf dem Gesamterlebnis“, erinnert sich Caminada. „Ich wollte, dass das Schloss ein Ort für mehr als nur gutes Essen wird.“ Selbst wuchs er nur eine halbe Autostunde entfernt, in Sagogn, auf. „Deshalb habe ich bewusst das richtige Licht, das Geschirr und die Stoffe so gewählt, dass sich ein Besuch im Restaurant sehr persönlich anfühlt“, fügt er hinzu. 2010 erhielt Schloss Schauenstein drei Michelin-Sterne, was den damals 33-­jährigen Caminada zu einem der jüngsten Köche Europas mit dieser Auszeichnung machte. Damit legte er den Grundstein für ein Gastro-Multiverum. Neben neun weiteren Lokalen verlegt Caminada heute ein Magazin und ist seit Anfang 2025 mit „Dinner Club“ auf Amazon Prime der Gastgeber einer eigenen Kochsendung.

Doch sein bisher spannendstes Projekt ist die Renovierung von Schloss Schauenstein. 2022 beauftragte Caminada das dänische Designbüro Space Copenhagen, die Gästezimmer und den Speisesaal neu zu gestalten. „Jedes Element ist uns wichtig. Das Haus soll eine jugendliche Ausstrahlung vermitteln“, sagt Caminada. So entsteht, ähnlich wie in seiner Küche, ein Gleichgewicht zwischen Moderne und Tradition. „Andreas überschreitet die lokalen Grenzen auf eine schöne und respektvolle Weise. Wir haben versucht, dasselbe zu tun“, sagt Signe Bindslev Henriksen, Mitgründerin von Space Copenhagen.

Modernes Design im historischen Schloss

Kunst auf dem Teller: Ein Gericht aus Zander, Quitte und Haselnuss.

Ihr Team bewahrte viel der ursprünglichen Substanz, darunter die eisernen Treppen und die eingebauten Schränke in den holzvertäfelten Zimmern. Diese ergänzte es mit Stücken von zeitgenössischen Designern und lokalen Handwerkern. „Ein Gang durch das Schloss soll sich anfühlen, als würde man durch Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft schreiten“, sagt Bindslev Henriksen. Jedes der neun Gästezimmer wurde mit Sofas von Mario Bellini, Flechtstühlen von Cassina und maßgefertigten Lampen von Space Copenhagen ausgestattet. Ab 650 Euro pro Nacht können Gäste sich hier wie zu Hause fühlen. 

Für das Restaurant fertigte Schreiner Serge Borgmann unter anderem Servicestationen mit kunstvollen Kräuterschubladen. Dafür verwendete er die japanische Holzverbindungstechnik Sashimono. Ohne Leim, Beschläge oder Schrauben werden die Teile hierbei „unsichtbar“ ineinandergesteckt. Die Ästhetik der Lounge im zweiten Stock erinnert an „Versailles trifft auf Tate Modern“. Gäste können sich in Rattanstühle sinken lassen, Aperitifs genießen, während sie Werke aus Caminadas Kunstsammlung bewundern. Dazu zählen Neonschilder von Sylvie Fleury und Gemälde von Vivian Suter und Conrad Jon Godly.

„Wir haben eine Art Design­-Erzählung erfunden. Dahinter steckt die Idee, dies sei das Landhaus eines weltgewandten Grafen, gefüllt mit Fundstücken von seinen Reisen“, sagt Bindslev Henriksen. „Doch am Ende bringt Schloss Schauenstein die Persönlichkeit von Andreas zum Ausdruck. Er bewundert und umgibt sich mit feinen Dingen. Ob Sie als Gast hier übernachten oder nur essen, Sie erhalten einen Einblick in seine Welt.“