Diese dänischen Designer sollte man kennen
Wenige ästhetische Strömungen haben solch weltweite Anerkennung erfahren wie skandinavisches Design. Bekannt für klare Linien, minimalistische Formen, gedämpfte Farben und erstklassige Handwerkskunst, gehören die Entwürfe aus den nordischen Ländern, insbesondere aus Dänemark, zu den Ikonen der Branche. „Dänisches Design ist eine Verbindung aus Ethik und Ästhetik“, sagt Christian Andresen, der Creative Experience Director des Möbelherstellers Fritz Hansen. „Seine Kraft begann über das Land hinaus zu strahlen. Viele Unternehmen wurden durch Designs aus den 1950er- und 1960er-Jahren international bekannt.“
Mit Namen wie Fritz Hansen, Georg Jensen und Carl Hansen & Søn, die weiterhin begehrte Klassiker produzieren, reicht der dänische Einfluss weit. Das gilt ebenso für Architekturbüros wie Henning Larsen und Bjarke Ingels’ BIG, die weltweit Projekte realisieren. Die Faszination beruht auf Schlichtheit, Naturverbundenheit und einem menschenzentrierten Ansatz. Doch in Kopenhagen gibt es eine neue Generation von Gestaltern, die in den letzten zehn Jahren begonnen hat, bestehende Grenzen infrage zu stellen. Sie haben großen Respekt vor der dänischen Designtradition, verfolgen jedoch eine offene, teils unkonventionelle Philosophie. Diese fünf Namen stehen an der Spitze der neuen kreativen Klasse Kopenhagens.
Helle Mardahl

Die ehemalige Modedesignerin Helle Mardahl betrat 2018 mit ihren farbenfrohen, mundgeblasenen Glasdesigns die Interieur-Bühne. Für sie war das Verlassen Kopenhagens der Schlüssel, um die wahre Anziehungskraft der Stadt zu erkennen. Wie viele junge Menschen nutzte sie ihr Studium als Gelegenheit, der vertrauten Umgebung zu entfliehen. Ende der 1990er-Jahre zog sie nach London, um an der Kunsthochschule Central Saint Martins zu studieren. „Als ich nach London ging, konnte ich Dänemark nicht ausstehen“, gibt Mardahl zu. „Ich musste weg, weil ich mich nicht inspiriert fühlte. Erst durch die Distanz und neue Erfahrungen lernte ich es wieder zu schätzen.“
Nach ihrer Rückkehr im Jahr 2001 startete sie mit einer eigenen Modelinie. Doch die Branche enttäuschte sie schnell. Also wandte sie sich stattdessen der Kunst zu und begann, mit verschiedenen Medien zu experimentieren. Erstmals arbeitete sie 2009 mit Glasbläsern zusammen an einer Installation im Dänischen Nationalaquarium – eine Erfahrung, die sie prägte „Ich wusste, dass ich eines Tages zu diesem Material zurückkehren würde.“ 2018 setzte sie ihren Plan in die Tat um und präsentierte auf dem „3 Days of Design“-Festival eine Lampe in Form einer gesprenkelten, handgeblasenen Glaskugel. Mit dem spielerisch-minimalistischen Entwurf erregte ihr kleines Studio international Aufmerksamkeit.
Heute umfasst ihre Kollektion Tischgeschirr, Kronleuchter und die beliebten Bonbon-Glasobjekte, die an Süßigkeiten erinnern. Mardahl widersetzt sich mit ihrer Liebe zu kräftigen Farben der traditionellen, oft zurückhaltenden dänischen Ästhetik. „Dänemark ist so klein, und fast jeder lebt mit minimalistischer Architektur und weißen Wänden. Vor 15 Jahren gab es kaum Farben in diesem Land – außer Beige, Weiß, Grau und vielleicht Blau.“ Ihr Aufenthalt im Ausland half ihr, neue ästhetische Perspektiven zu entdecken. „Je mehr Menschen man trifft und je mehr Inspirationen man aufnimmt, desto kreativer wird man – und bringt das dann zurück nach Hause.“
Søren Pihlmann

Abgesehen von einem kurzen Praktikum bei „Lundgaard & Tranberg Arkitekter“ in Kopenhagen hat Architekt Søren Pihlmann immer selbstständig gearbeitet. Sein Wissen, seine Erfahrung und seine Methodik beruhen auf seinem fünfjährigen Studium an der Königlich Dänischen Kunstakademie und auf seiner Neugier auf die Konstruktion von Gebäuden. „Manchmal frage ich mich, was ich verpasst habe“, sagt Pihlmann darüber, nie für ein etabliertes Büro gearbeitet zu haben. „Aber vielleicht war das mein Glück. Ich habe die altmodische Art, Dinge zu tun, nicht gelernt — also habe ich meine eigene entwickelt.“ Sein Ansatz basiert darauf, möglichst viele bestehende Gebäudeteile in Renovierungen zu integrieren. Er verbindet neues Denken mit Respekt für traditionelle Handwerkskunst.
„Hoch konzeptionelle Architekturprojekte haben oft ein großes Problem: Passt die Gesamtidee nicht zu den Möglichkeiten des Gebäudes, kämpft man von Anfang an dagegen an und verschwendet dadurch viel Zeit“, erklärt er. „Aber wenn man das Gebäude ‚sprechen‘ lässt und mit ihm wie mit einem Teammitglied arbeitet, entwickelt sich das Projekt von selbst viel einfacher und schneller.“ Ein wesentlicher Teil der Philosophie seines Büros besteht darin, den Status quo infrage zu stellen, nicht mit Gewinnmaximierung als Hauptziel zu bauen oder sich an Trends anzupassen. „Als ich studierte, schossen in Kopenhagen überall Neubauten aus dem Boden, und alles sah gleich aus“, erinnert sich Pihlmann. „Das brachte mich dazu, mich dafür zu interessieren, wie Materialien entstehen, wie wir unsere Ressourcen nutzen können, welche Geschichten sie erzählen und welche Logik hinter einem modernen Gebäude steckt.“
Drei Jahre nach der Gründung seines Studios reichen die Projekte von einer Brauerei über private Sommerhäuser bis hin zu Ausstellungs- und Kunsträumen. Besonders bemerkenswert ist ein neues Projekt in Kopenhagen, bei dem ein Gebäude aus den 1960er-Jahren in ein Kultur- und Gemeinschaftszentrum umgewandelt wird. „Wir prüfen gerade, inwieweit wir es schaffen können, nur bestehende Elemente wiederzuverwenden“, sagt Pihlmann. Denselben Ansatz verfolgt er bei der Ausstellung im dänischen Pavillon der Architekturbiennale Venedig 2025, die er kuratiert. „Wir wollen tief in dieses Gebäude eintauchen, um herauszufinden, welche unentdeckten Geschichten es birgt.“ Søren Pihlmann ist nicht der einzige dänische Architekt, der sich von konzeptionellen Ansätzen abwendet. Da die Technologie diesen Bereich stetig verändert, scheinen viele Praktiker bestrebt zu sein, etwas Greifbareres zu schaffen. „Wir haben in letzter Zeit eine Verschiebung der Prioritäten gesehen“, sagt er. „Die aufstrebenden Architekten in Dänemark arbeiten zunehmend mit Materialien als zentralem Element der Architektur.“
Thomas Woltmann

Nach seinem Abschluss an der Design Academy Eindhoven im Jahr 2019 ließ er sich in Kopenhagen nieder, um Möbel zu entwerfen. Dabei geht Thomas Woltmann gerne zurück zu den Grundlagen. „Die Designszene hier ist eine kleine Blase, aber eine gute Blase“, sagt Woltmann. „Als ich mein Studio gründete, wollte ich das konzeptionelle und künstlerische Denken aus meinem Studium in greifbare, alltagsnahe Entwürfe umsetzen.“ Sein erstes Möbelstück nach dem Abschluss war der Re-C-Chair, der 2021 mit dem Bolia Design Award ausgezeichnet wurde. Minimalistisch gestaltet besteht er aus recyceltem Holz, darunter Ulme, Kiefer, Esche und Eiche, das aus verschiedenen Quellen wie alten Kirchen stammt. „Jedes Stück hat eine Geschichte, was ihm eine tiefere Bedeutung verleiht als nur die Funktion eines Stuhls“, erklärt Woltmann.
Mit seinen Entwürfen reagiert er auf die heutigen Herausforderungen der Designindustrie, insbesondere den Verlust der physischen Verbindung zwischen Designern und Herstellern. „Früher hatten Designer täglich Kontakt zu den Produzenten — das fehlt heute oft, weil vieles in weit entfernten Fabriken gefertigt wird“, sagt er. Nach mehreren Möbelstücken, darunter eine Holzbank und ein gepolsterter Sessel, richtet Woltmann sein Augenmerk nun auf Materialexperimente. Er arbeitet an Textilien aus Brennnesselfasern und natürlichen Farbstoffen aus dänischen Mineralpigmenten. „Angesichts der Klimakrise arbeite ich mit dem, was regional verfügbar ist. Oft finden sich die besten Lösungen in der Vergangenheit.“
Woltmann weiß, dass die großen dänischen Designer Arne Jacobsen, Finn Juhl und Hans Wegner in der Branche immer eine bedeutende Rolle spielen werden, doch dass sie selbst stets Fortschritt zugelassen haben. „Wir können uns auf dieses Erbe stützen, aber wir leben heute in einer anderen Welt als vor 70 oder 80 Jahren“, unterstreicht er. „Der Wert, etwas mit natürlichen Materialien zu schaffen, manifestiert sich ebenso wie die besondere Aufmerksamkeit für Handwerkskunst und Langlebigkeit sowie das Gefühl für Schlichtheit oder minimalistischen Stil. In dieser Hinsicht ist dieser Geist noch immer lebendig – und wird es bleiben.“
Jessica Vedel

Ihr Weg zur Innenarchitektur folgte nicht dem typischen Schema. Die kreativ veranlagte Dänin begann ihre Karriere in der Modebranche und arbeitete für eine Marke, für die ihr Team das Design und die Ladengeschäfte gestaltete. „Ich glaube, ich hatte schon immer eine Leidenschaft für Innenräume“, sagt Vedel. „Es fühlte sich an, als wäre ich endlich am richtigen Platz angekommen.“ Nach Stationen in Berlin, London und New York entdeckte sie schließlich ihre Begeisterung für Raumgestaltung. 2011 verbrachte sie das Jahr in Berlin, wo sie sich auf Fotografie konzentrierte. Danach zog sie nach London und gründete offiziell ihr eigenes Innenarchitekturstudio. Ihre ersten Aufträge bestanden darin, eine Handvoll Showrooms einzurichten, was ihr nach und nach Aufträge für hochwertige Privatresidenzen sicherte.
„Dann kam Pinterest, und ich weiß gar nicht mehr, was ich davor gemacht habe“, sagt Vedel. „Ich begann, Dinge zu pinnen und meine Projekte zu teilen, und plötzlich fanden mich die Leute und nahmen Kontakt mit mir auf.“ Eine dieser Anfragen kam von einem Kunden in New York, der sie bat, ein Konzept für eine umfassende Renovierung eines Apartments an der Upper East Side einzureichen. „Ich bekam den Zuschlag, also schloss ich mein Büro in London, zog nach New York und gründete dort mein Unternehmen.“ 2018 kam Vedel zurück nach Kopenhagen, um näher bei ihrer Familie sein zu können, und eröffnete ihr Studio erneut. Ihr Stil zeichnet sich durch maßgefertigte Möbel, aufwendige architektonische Details und ein scharfes Gespür für Form und Maßstab aus. Er schafft eine Balance zwischen nordischem Minimalismus und kosmopolitischer Eleganz.
„Ich bin sehr von meinen dänischen Wurzeln und der skandinavischen Designtradition beeinflusst“, sagt sie. „Es ist eine lange, wunderschöne Tradition rund um Materialien, Architektur und die Art und Weise, wie Dinge hergestellt werden. Aber ich habe auch viele Jahre im Ausland gelebt, weshalb mein Stil eine internationalere Prägung hat. Meine Arbeiten sind etwas schwerer und vielschichtiger“, erklärt Jessica Vedel. Unter den von ihr entworfenen Möbeln befinden sich individuelle Anfertigungen für private Projekte, aber auch Kooperationen mit Marken wie Nuura oder Mazo. In diesem Jahr soll noch ein Sofa von ihr auf den Markt kommen. Für Vedel gibt es keinen Unterschied zwischen Innenarchitektur, Möbelgestaltung oder Fotografie: „Der Ausgangspunkt ist immer derselbe“, sagt sie. „Es ist ein Gefühl, eine Vision, ein Detail, das einen in den kreativen Prozess zieht.“
Danielle Siggerud

Ursprünglich hatte Danielle Siggerud nicht vor, Architektin zu werden. In Oslo geboren und aufgewachsen, verbrachte sie ihre Kindheit mit Zeichnen, dem Bau von Welten aus Lego und der Gestaltung imaginärer Räume. Doch als sie sich dem Schulabschluss näherte, konzentrierte sie sich zunehmend auf eine Karriere in der Medizin. „Ich hatte ein großes Interesse daran, mit Menschen zu arbeiten und ihnen zu helfen“, sagt Siggerud. „Aber ich war auch von Design fasziniert. Räume haben mich schon immer emotional beeinflusst – sei es durch ein Gefühl der Geborgenheit oder des Staunens.“ Nach einem Gespräch mit ihrem Vater, der sie fragte, ob Medizin wirklich ihre wahre Leidenschaft sei, entschied sie sich, Architektur an der Königlich Dänischen Kunstakademie in Kopenhagen zu studieren.
Während ihres Studiums entdeckte sie ihre Liebe zur Restaurierung und Umgestaltung historischer Gebäude. 2016 gründete sie ihr eigenes Architekturbüro. Besonders inspiriert wurde sie durch ihre Zeit bei John Pawson in London, der ihr eine ganzheitliche Herangehensweise an die Architektur vermittelte. Er lehrte sie, Räume nicht nur funktional, sondern auch als sinnliche Erlebnisse zu betrachten. „Ich denke viel darüber nach, wie Räume die Menschen beeinflussen, durch Proportionen, Licht und Material“, erklärt sie. „Es geht darum, eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich Menschen wohlfühlen.“ Siggerud betrachtet ihre Arbeit, die sie als „raffinierten Minimalismus mit starkem Fokus auf Material und Haptik“ beschreibt, als eine Möglichkeit, mit der Vergangenheit zu interagieren. Gleichzeitig hebt sie die Bedeutung des Alltäglichen hervor. Sie konzentriert sich auf kleine Rituale und Gewohnheiten, die für ihre Kunden wichtig sind. Dazu zählt zum Beispiel eine versteckte Matcha-Station in der Küche eines Klienten, der jeden Morgen für seine Frau Tee zubereitet.
Neben Wohnprojekten in Kopenhagen, New York, Schweden und der Schweiz entwirft Siggerud auch Möbel, die den menschlichen Aspekt von Design unterstreichen. Neue Kollektionen sind für 2025 und 2026 geplant. „Ich versuche, alles harmonisch zu integrieren, von Lichtschaltern über Türen bis hin zu Stauraum. Dabei konzentriere ich mich auf die Elemente, die täglich berührt werden“, erklärt sie. „Die Holzböden, auf denen man barfuß läuft, die Steinplatten, die man beim Kochen fühlt — all das sind sensorische Erlebnisse. Architektur existiert nicht nur zum Betrachten. Sie wird erlebt, wenn sie mit dem Körper interagiert.“