Wohin ihr wollt – Yachten der Extraklasse
Wenn man Laien die Vorteile einer Yacht beschreiben möchte, zieht folgende Aussage immer: „Stell dir eine schöne Villa vor. Mit 500 Quadratmeter Grundfläche, höchster Einrichtungsstandard. Zimmer, also Kabinen, mit eigenem Balkon. Ein Pool dabei, ein Gym und ein eigener Koch. Und jetzt stell dir vor, diese Villa kann auf Reisen gehen und an den schönsten Plätzen bleiben und dann einfach weiterfahren. Das ist die Welt der großen Yachten.“
Während diese Beschreibung 90 Prozent aller Menschen ins Träumen versetzt, fragt der Rest – meist aus der jungen, aktiven Generation Y –: „Kann man damit auch zum Heliskiing oder in die Arktis?“ Es sind die jüngeren Yachteigner, die einen Trend befeuern: Explorer-Yachten. Sie unterscheiden sich von „normalen“ Yachten dadurch, dass sie oft Eisklasse besitzen, große Tanks und Kühlräume, um möglichst lange – mindestens 30 Tage – autark zu bleiben.
U-BOOTE, HELIKOPTER UND BEIBOOTE ALS AUSRÜSTUNG
Wer die Nordwest oder Nordostpassage befährt, hat halt nicht ganz so oft die Möglichkeit, zu tanken oder einzukaufen, wie es am Mittelmeer der Fall ist. Zur Ausrüstung gehören oft U-Boote, Helikopter und Beiboote, um möglichst weit in exotische Reviere vorzudringen. Befanden sich vor zehn Jahren 30 Explorer weltweit im Bau, sind es aktuell über 60.
Die Gesamtzahl der Projekte, die gerade insgesamt auf den rund 180 Werften entstehen, nahm aber nicht im gleichen Verhältnis zu. Im Jahr 2011 wurde an rund 750 Yachten über 24 Meter Länge geschweißt und montiert, aktuell sind es 820.
YACHT UND FORSCHUNGSLABOR IN EINEM
Die ersten Explorer entstanden dabei Mitte, Ende der 1990er-Jahre. Martin Francis, einer der renommiertesten Yachtdesigner der Welt, entwickelte für den saudischen Prinzen Khaled bin Sultan 1994 die Golden Shadow, eine robuste Begleityacht für seine Golden Odyssey.
Der Rumpf der Golden Shadow basiert quasi auf dem eines großen Thunfischfängers und ist äußerst seegängig. Auch die Reichweite ist mit 13.000 Seemeilen außerordentlich. Fährt man sparsam, reichen rund zwei Tankfüllungen für eine Weltumrundung. An Bord können sechs Beiboote und ein Wasserflugzeug gestaut werden, für maritime Forschungen und Untersuchungen besitzt die Yacht zudem ein Labor.
Francis bezeichnet die Golden Shadow gern als Vorläufer des modernen Explorers, entwarf mit Senses aber gleich noch eine weitere Blaupause für die nachfolgende Generation. Die 59 Meter zeichnet er für und mit dem französischen Milliardär Jack Setton; innen wirkt Philippe Starck. Senses jedenfalls, abgeliefert von der Schweers-Werft in der Wesermarsch, transportiert im Heck einen Helikopter und zahlreiche weitere Beiboote, darunter auch ein 13 Meter langes, das per Knopfdruck gewassert wird. Inzwischen soll Larry Page an dem Schiff Interesse bekundet haben.
Betrachtet man indes einige der neueren Explorer, scheinen es verstärkt russische Eigner zu sein, die den Trend zur Expeditionsyacht befeuern – Cloudbreak, Ragnar und La Datcha werden russischen Eignern zugeschrieben.
CLOUDBREAK
Die Cloudbreak entstand dabei als einzige Yacht in Deutschland, bei Abeking & Rasmussen, und für einen Eigner mit einer Leidenschaft für Extremsportarten. Das schroffe Exterior der 72 Meter langen Expeditionsyacht von Espen Øino steht im Kontrast zu einem eleganteren Interior, das von Christian Liaigre entworfen wurde und die größte Toysammlung in ihrer Klasse umfasst.
Die Cloudbreak, benannt nach einem Surfspot auf den Fiji-Inseln, besitzt eine stattliche Reichweite von 8750 Seemeilen – also London–New York und zurück – und bietet Platz für zwölf Gäste und eine 22-köpfige Crew. Gern steuert der Eigner dabei Reviere an, in denen auf unberührten Hängen Heliski gefahren werden kann (ein Bell 429 steht an Bord). Selbst Unterkünfte für Skiguides sind auf der Cloudbreak vorhanden, und nach einem Tag im Schnee wird vor dem Kamin entspannt oder im Wintergarten diniert. Im runden Kino nahe des Hubschrauberlandeplatzes lassen sich danach noch Videos von den Ereignissen des Tages ansehen.
RAGNAR UND LA DATCHA
Ähnlichen Kalibers sind auch Ragnar und La Datcha. Erstere, 68 Meter lang, besitzt eine Historie als kommerzielles Versorgungsschiff und Eisbrecher. Die Icon-Werft im niederländischen Harlingen konvertierte beide zur aufregenden Charteryacht, wobei die Ragnar ein noch auffälligeres Äußeres besitzt. Schaut man die Yacht von vorn an, erinnert sie an einen mittelalterlichen Helm und besitzt damit einen Bezug zu ihrem Namensgeber, dem sagenumwobenen Wikingerkönig aus dem 9. Jahrhundert.
Ganz und gar neuzeitlich sind indes ihr Hybridantrieb, ihre Eisklasse nach Polar Code 5, ihr Wellnessbereich und ihre Tendergarage, in der unter anderem auch ein Amphibienfahrzeug für die ganz harten Ein sätze steht.
LA DATCHA
Anspruchsvolle Reviere wird auch La Datcha befahren, deren Eigner Oleg Tinkov einen recht ungewöhnlichen Ansatz mit dem Bau der 77-Meter-Yacht wählte. Der bei Damen gebaute Explorer gehört zur La Datcha Tinkoff Collection, einem Portfolio von High-End-Domizilen auf Sechs-Sterne-Niveau. Den Expeditionscharakter der Yacht sichern dabei gleich zwei Helikopter, ein U-Boot, ein Tauch Tender, mehrere RIBs sowie sogar zwei Schneescooter. Tinkov nutzt die Yacht dabei selbst und verchartert, um Betriebskosten wieder einzuspielen.
BOLD
Gleich auf seiner eigenen Werft ließ sich der deutsche Unternehmer Guido Krass die 85 Meter lange Bold bauen. Krass gründete im Jahr 2003 Silveryachts in Australien und übernimmt dort regelmäßig Neubauten, nutzt sie eine gewisse Zeit und veräußert sie dann. Die Bold, im Zerstörer-Look und mit acht Kabinen für 16 Gäste ausgestattet, wird sicher mittelfristig auf den Markt kommen. Ein Schwesterschiff 2 befindet sich bereits im Bau.
LEGEND
Die Legend nimmt auf ihre weltweiten Reisen bis zu 22 Gäste mit, die sich die Charterrate von 490.000 Euro teilen können. Der Rumpf der 77 Meter ist eisbrechend, in den Jacuzzi passen 16 Personen, und die Außenbereiche sind gemütlich beheizt. Wer möchte, steigt ins U-Boot.
EXUMA
Die Exuma, gebaut bei Picchiotti, besitzt keinen typischen Explorer-Look, reiste mit ihrem Eigner aber mehrere Jahre um die Welt. Ihr geringer Tiefgang lässt die 50-Meter-Yacht flache Bereiche befahren. Steht für 16,9 Millionen Euro zum Verkauf.
OCEAN DREAMWALKER III
Sanlorenzo, auch bekannt für schnittige Sportyachten, hat mit seiner Explorer-Serie großen Erfolg. Der Eigner der 47 Meter langen Ocean Dreamwalker III reiste mit ihr in die Fjorde Alaskas. Die kompakte Italienerin transportiert sogar Helis.