Werden Privatjets wirklich grün?

Die Privatfliegerei nimmt Kurs auf eine nachhaltige Zukunft. Doch der Weg dorthin führt noch durch so manche Turbulenzen.
Text Basem Wasef
Winglets, gebogene Flügelspitzen, verringern den Treibstoffbedarf – und werden nun bei älteren Jets nachgerüstet.

Von Biotreibstoffen bis zu elektrischen Flugzeugen: Die Luftfahrt erforscht derzeit mit Hochdruck Möglichkeiten, um ihren ökologischen Fußabdruck zu verkleinern. Gleichzeitig gibt es kräftigen Gegenwind für die Privatfliegerei, sogar Verbote werden diskutiert. „Wir tragen eine Zielscheibe auf dem Rücken“, sagt Erik Lindbergh, Vorsitzender der Lindbergh Foundation und Enkel des Luftfahrtpioniers Charles Lindbergh. Kritiker argumentieren, dass Privatflugzeuge bis zu 14-mal mehr Kohlenstoffdioxid (CO2) pro Passagier ausstoßen als eine Linienmaschine. Doch bei einer adäquaten Zahl von Passagieren an Bord sind die Emissionen eines Businessjets vergleichbar mit einer Person, die allein die Strecke mit einem großvolumigen Verbrenner fährt.

Alternative zu herrkömmlichem Treibstoff

Der Flugverkehr ist für nur 2,5 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich. Und die private Luftfahrt für nur zwei Prozent davon. Und doch ist die Bereitschaft zum Wandel hoch. 2022 verpflichteten sich führende Vertreter der Geschäftsluftfahrt dazu, ihre CO2-Emissionen bis 2050 auf null zu senken. Ein früheres Versprechen aus dem Jahr 2009 – die Treibstoffeffizienz bis 2020 um je zwei Prozent pro Jahr zu verbessern – wurde tatsächlich eingehalten. „Wir müssen aber noch viel mehr tun“, sagt Kennedy Ricci, Gründer der Unternehmensberatung 4Air. „Wir sind nicht mal bei fünf Prozent von dem, was wir uns für 2050 vorgenommen haben.“

Viele Unternehmen kompensieren ihre CO2-Emissionen durch Investitionen in Projekte, die an anderer Stelle Emissionen einsparen. Diese umstrittene Praxis würde „von den glaubwürdigeren Bemühungen der Branche ablenken“, sagt Toby Edwards, Co-CEO des Londoner Charter-Brokers Victor – der auf nachhaltigen Treibstoff, SAF genannt, setzt. Dieses Biofuel ist bis zu 80 Prozent sauberer als herkömmliche Flugzeugtreibstoffe. Damit es sein volles Potenzial entfalten kann, müssen Raffinerien und Vertrieb ausgebaut werden. Im US-Energieministerium wird geschätzt, dass die amerikanische Luftfahrt (die größte der Welt) rund 130 Milliarden Liter SAF-Gemisch pro Jahr benötigt, um das CO2-Ziel für 2050 zu erreichen. Im vergangenen Jahr wurden gerade mal rund 230 Millionen Liter genutzt.

Der Sektor für elektrische Drehflügler wächst

Finanzielle Anreize könnten helfen, den Einsatz von SAF zu fördern. Der rasant wachsende Sektor für eVTOL, also elektrische Drehflügler, könnte die ambitionierten Ziele zur Dekarbonisierung ebenfalls unterstützen. Und der brasilianische Hersteller Embraer stellt für ab Mitte 2030 sogar elektrische Regionalflugzeuge in Aussicht. Daneben forschen Embraer und Airbus auch an Regionalflugzeugen mit Wasserstoffantrieb. Kleinere Fortschritte lassen sich schon heute durch konsequente Nachrüstungen älterer Flugzeuge (etwa mit Winglets) erreichen. „Es gibt kein Patentrezept“, sagt Jaiwon Shin, früher NASA-Ingenieur und heute CEO des Aviation-Start-ups Supernal. „Aber eines ist klar: Wir müssen die Sache sehr ernst nehmen.“ Es geht um Glaubwürdigkeit.