Der Luxus der Stille

Keine Hoteleröffnung wurde von den New Yorkern in den letzten Jahren mit so großer Spannung erwartet wie die des Aman. So schläft es sich im teuersten Hotel der Stadt.
Text Anna Walter
Der Eingangsbereich dient nur zur Begrüßung, die Rezeption befindet sich im 14. Stock.

Der Eingang des Aman ist so diskret, dass der Fahrer zunächst daran vorbeifährt. Kein auffälliges Logo, kein roter Teppich kündigen an, dass hier eines der luxuriösesten Hotels der Stadt zu finden ist. Auf den ersten Blick wird klar: Wer hier absteigt, sucht Zurückhaltung und keine Opulenz. Die Diskretion des Hauses zeigt sich auch darin, dass die Rezeption nicht wie üblich im Erdgeschoss, sondern im 14. Stockwerk des Gebäudes untergebracht ist. Um einzuchecken, fährt man mit dem Aufzug in die oberste Etage. Das erste, was einem auffällt, sobald man das Gebäude an der Fifth Avenue betritt, ist die Ruhe. Wo in Manhattan sonst Sirenen heulen, U-Bahn-Züge rattern und im dichten Verkehr ungeduldig gehupt wird, fühlt man sich im Aman vollkommen abgeschirmt vom Lärm der Großstadt.

Ein Rückzugsort im Crown Building

Die hochmoderne Schallisolierung dürfte auf die umfangreiche Renovierung zurückzuführen sein, die dem Gebäude in den letzten Jahren unterzogen wurde. Insgesamt hat die Hotelgruppe 1,25 Milliarden Dollar investiert, um das historische Crown Building in ein Luxushotel mit Eigentumswohnungen zu verwandeln. Erbaut wurde es vor über 100 Jahren von Warren und Wetmore, also den Architekten, die bereits die Grand Central Station entworfen haben. Für die Vergoldung der neoklassizistischen Fassade und des schlossähnlichen Turmes wurden 100 Liter flüssiges Gold verwendet – ein Umstand, der dem Crown Building seinen Namen gab. Heute beherbergt das New Yorker Wahrzeichen 83 Suiten und 22 Eigentumswohnungen, sowie zwei Restaurants und einen Jazz Club.

Puristische Suiten mit japanischem Design

Bei der Inneneinrichtung hat sich Architekt Jean-Michel Gathy von Südostasien inspirieren lassen: Warme Erdtöne treffen auf natürliche Materialien und schaffen so eine wohlige Atmosphäre. Die filigranen Wandmalereien sind an die Tuschezeichnungen des Künstlers Hasegawa Tōhaku angelehnt. Alle Suiten verfügen über einen gläsernen Kamin und kunstvolle Trennwände, die an japanische Paravents erinnern. Im geöffneten Zustand lassen sie die Suite noch luftiger wirken, im geschlossenen Zustand trennen sie Schlaf- und Badezimmer voneinander ab. Per Knopfdruck kann man die integrierte Beleuchtung darin steuern. Die großzügigen Badezimmer sind mit einer freistehenden Badewanne und einer Regendusche aus dunkelgrauem Marmor ausgestattet. Bodentiefe Fenster holen Manhattans Straßenzüge nach drinnen. Von der Corner Suite aus blickt man direkt in die Verkaufsräume von Tiffany’s ikonischem Flagship Store.

Wellness auf 2.300 Quadratmetern Fläche

Seinem Anspruch, ein Rückzugsort inmitten der Stadt zu sein, wird das Aman auch mit seinem Spa gerecht. Der Wellnessbereich erstreckt sich über drei Stockwerke und eine Fläche von 2.300 Quadratmetern. Gäste können im beheizten Indoor-Pool ihre Bahnen ziehen, im Fitnessstudio trainieren oder im Dampfbad oder der Sauna entspannen. Wer sich nach Privatsphäre sehnt, bucht sich eines der beiden privaten Spa-Häuser. Der Wellness-Gedanke geht bei Aman über die klassische Massage hinaus: Geschulte Ärzte und Therapeuten kreieren individuelle Behandlungen, die auf die Bedürfnisse der Gäste zugeschnitten sind. Das Angebot umfasst funktionelle und integrative Medizin, traditionelle Chinesische Medizin und Physiotherapie. Bei speziellen Retreats kann man sich außerdem in Achtsamkeit üben. Vier Tage lang wird dann mit einem buddhistischen Mönch reflektiert, gesungen und meditiert.

Japanische Esskultur im „Nama” erleben

Im 14. Stock befinden sich nicht nur die Rezeption und eine große Dachterrasse, sondern auch zwei verschiedene Restaurants. Das „Arva“ empfängt einen zum Frühstück, Lunch oder Dinner. Serviert werden modern interpretierte Gerichte aus Italien. Auf der Speisekarte findet man etwa Burrata mit gerösteten Feigen und Pistazien oder Tagliatelle mit Shiitakepilzen, Butternusskürbis, schwarzem Trüffel und Ziegenkäse. Außergewöhnlicher geht es im „Nama“ zu: Hier können Gäste an einer langen Hinoki-Holztheke in die japanische Esskultur eintauchen. Wer Takuma Yonemaru vertraut (und das sollte man!), lässt sich auf die Omakase-Tradition ein, bei der der Koch über die Auswahl der Gerichte entscheidet. Auf den Teller kommen dann Gelbschwanzmakrele mit Sesam und Yuzu-Zitrone, gegrilltes Wagyu-Rind und die „Aman New York Roll“, eine Sushirolle mit Thunfisch und Königskrabbe, die am Tisch mit geriebenem Seeigel verfeinert wird.

Live-Performances im Jazz Club

Dass man das Aman während seines Aufenthalts nicht zwingend verlassen muss, wird einem schnell bewusst. Sogar für nächtliches Entertainment ist gesorgt: Im Untergeschoss des Crown Buildings befindet sich ein Jazz Club – das Speakeasy ist der einzige Ort des Hotels, der auch für externe Gäste zugänglich ist. Dort kann man Live-Performances erleben und den Abend bei einem Drink ausklingen lassen, bevor man in seine sanft beleuchtete Suite zurückkehrt und mit Blick auf die lodernden Flammen beseelt einschläft. Das Wort „Aman“ stammt übrigens aus dem Sanskrit und bedeutet Frieden. Wie viel dieser in New York kostet? Die Suiten starten bei 2.900 Euro pro Nacht.