6 Personen, die das Luxusreisen verändert haben
Pioniere eint zwei Qualitäten. Zunächst die hohe Bereitschaft zum Scheitern. Denn wer ein System im Kern infrage stellt und sich mit einer disruptiven Idee – und sei sie noch so klein und leise – einer Sache entgegenstellt, den kann der Gegenwind der Beharrungskräfte schnell ins Wanken bringen. Standfestigkeit ist also die zweite Qualität. Das ist auch bei Luxusreisen der Fall. Sie sind so individuell wie die Menschen, die sie unternehmen. Und je weniger die finanziellen Möglichkeiten einschränken, desto mehr ist möglich. Unmöglich ist mittlerweile eh kaum noch etwas. Allein der internationale Markt für Luxushotels wurde im Jahr 2023 auf 140,28 Milliarden Dollar geschätzt und wächst stetig weiter – mit einer prognostizierten Wachstumsrate von 11,5 Prozent. Aber wer hat einst die Weichen dafür gestellt? Wer hat die Welt des Luxusreisens, wie wir sie heute kennen, so edel, so farbenfroh, so nachhaltig gestaltet? Und wer denkt sogar noch über das Morgen hinaus? Wer weiß, wie sich Bedürfnisse verändern? Und wer hat die wegweisenden Ideen gehabt, wenn es um das ganzheitliche Erleben geht? Wir haben sechs Pioniere ausgewählt, die das Reisen durch ihren Ideenreichtum oder ihre disruptive Kraft so prägend mitgestaltet haben, dass uns die Welt ohne sie heute anders erschlossen wäre. Sie stehen für die Impulse, die das Reisen noch schöner gemacht haben. Schneller und langsamer, näher und ferner. Sie haben die Orte geprägt, an denen unsere Sehnsucht hängt, und das Wie des Reisens neu definiert.
Richard Santulli

Anspruchsvolle Vielflieger wie Taylor Swift wären ohne ihn aufgeschmissen. Denn der Mathematiker und ehemalige Goldman-Sachs-Manager Richard Santulli kaufte 1984 die Firma Executive Jet Airways, die als erstes Unternehmen der Welt private Geschäftsflugzeuge gechartert und verwaltet hat. Santulli vermietete bis dahin Helikopter und entwickelte dann ein neues Geschäftsmodell, bei dem sich mehrere Menschen einen Privatjet teilen konnten, wie es zuvor nur bei Urlaubs-Immobilien möglich war. Im Jahr 1987 wurde das NetJets-Programm angekündigt, das bald darauf zum ersten Fractional-Aircraft-Ownership-Geschäft der Welt wurde. Damit hatte Santulli das Reisen mit dem Privatjet populär gemacht. Heute gehört NetJets zu den größten Privatjet-Firmen. Im Jahr 2017 flogen in der Flotte 100 Flugzeuge. Zu den NetJet-Kunden zählen Warren Buffett, der das Unternehmen später kaufte. Und internationale Schauspielstars wie Nicole Kidman und Julia Roberts. In Deutschland nutzen Garten Maschmeyer, Susanne Klatten oder der frühere Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann die geteilten Privatjets. Ob eine Pinkelpause für de Hund, Bordverpflegung für den Papagei ein Umzug, Disney-Dekoration oder ein kleiner Umweg, damit die Aussicht schöner ist, all das wurde schon von NetJets-Kunden angefragt und ist dann selbstverständlich auch realisiert worden.

Claus Sendlinger

Er ist ein moderner Nomade, Geschichtensammler, Stichwortgeber und Visionär und hat so nicht nur einmal die Luxushotellerie geprägt. Als Gründer der Dachmarke Design Hotels schuf er 1993 eine Orientierung für eine neue Gruppe von Reisenden, die bei ihren Aufenthalten auch visuell gefordert sein wollen und anspruchsvolle, moderne und unabhängige Luxushotels schätzen. Über 300 Hotels in 60 Ländern gehören heute zu dem Netzwerk. Claus Sendlinger sieht die Bedürfnisse der Reisenden voraus wie kein anderer und ist als Berater und Vordenker nicht wegzudenken. Er sorgte mit dafür, dass das österreichische Bad Gastein wieder zum angesagten Reiseort wurde, brachte nachhaltige Landwirtschaft auf die einstige Partyinsel Ibiza und hat nun unter dem Namen „Slow“ eine neue Idee. Er hat verstanden, dass Leben und Reisen heute mehr und mehr zusammenwachsen. Bei Lissabon hat er ein Kollektiv mit biodynamischer Landwirtschaft, Künstlerresidenzen und Schulen aufgebaut und in Berlin, direkt an der Spree, eröffnet das „Slow“-Projekt „Marina“. Ein architektonisches Juwel, ein Reetdachhaus als kreativer Campus für Achtsamkeit, Kultur und Nachhaltigkeit. Ein Ort für das Sein. Denn Sendlinger weiß, dass der Reisende von heute nicht im Urlaub ist, sondern immer auch arbeitet – an neuen Projekten, an sich selbst und an einer besseren Welt.

Sonu Shivdasani

Er ist der Erfinder des Barfußtourismus. „No news, no shoes” ist das Motto seinen Soneva Resorts. 1995 eröffnete der englische Hotelier zusammen mit seiner Frau Eva das Luxusresort Soneva Fushi auf den Malediven. Hier sollen Gäste die Welt vergessen, eine langsamere Geschwindigkeit fühlen und den Kontakt zur Natur wieder aufnehmen. Zur selben Zeit gründete Sonu Shivdasani auch die Marke Six Senses, die er 2012 verkaufte. Immer im Blick: die ökologische und soziale Verträglichkeit. Er gilt damit als Wegbegleiter des verantwortungsvollen Luxus. Mit Soneva folgten weitere Resorts auf den Malediven und in Thailand. Samt Sternwarte, Restaurants, die Gemüse aus den eigenen Gärten verwenden, und ausgeklügelten Abfall-Recycling-Systemen. In den Villen kann man die Sterne sehen, wenn man das Dach über dem Bett auffährt, ist den Fischen nah, weil beim Bau der Häuser auf heeresschonende Verfahren geachtet wird, und wer eine noch tiefere Verbindung zu sich und seinem Körper sucht, der profitiert vom Wellness-Angebot. Das hat auch mit der persönlichen Geschichte von Shivdasani zu tun, der im Jahr 2017 an Krebs erkrankte. Sein Weg zur Heilung war ganzheitlich. Heute lädt er internationale Gesundheitsexperten ein. Damit gelten Shivdasani und seine Frau auch als Pioniere des integrativen Medizin-Angebots in Luxusresorts.

Dan Ruff

Für Reisende, für die Authentizität unverzichtbar ist, hat er Maßstäbe gesetzt. Langsamer Luxus, gehobene Ansprüche, sorgfältig kuratierte Erlebnisse sind für Dan Ruff die ausschlaggebende Qualitäten der Belmond Gruppe. Seit 2023 ist er ihr CEO. Zu Belmond zählen weltweit Hotels, Villen, Safaris oder Boote – doch einzigartig und wegweisend sind Züge wie der Venice Simplon Orient Express. Luxuriöser und authentischer kann man nicht reisen. Von Malaysia nach Thailand, von Venedig nach Paris, durch Peru und nun auch mit dem Britannic Explorer durch England. Diese Züge sind fahrende Historie. Aufwendig renoviert, aber ihren Ursprung bewahrend, vereinen sie Zukunft und Vergangenheit. Ruff weiß, dass Belmond-Gäste den besten Service erlebt haben, und hat trotzdem den Anspruch, noch besser zu werden. Umsorgender Butlerservice, anspruchsvolles Kulturprogramm und kompromisslose Kulinarik sorgen dafür, dass sie wiederkommen. Hier stimmt es wirklich: Der Weg ist das Ziel. Dan Ruff und Kollegen interpretieren in den Zügen nicht weniger als die Zeit neu. Einmal eingestiegen, möchte man eigentlich nicht mehr anders reisen.

Peter Lürßen

In vierter Generation führt Peter Lürßen gemeinsam mit seinem Vetter Friedrich Lürßen die Bremer Werft, die ihr Ururur-Opa 1870 gegründet hat. Der hatte als Bootsbauer 1886 das erste Motorboot der Welt gebaut. Mit 28 Jahren tritt der junge Peter Lürßen in die Firma ein, nachdem er ein Studium des Schiffbaus und des Wirtschaftsingenieurwesens abgeschlossen hat. Wenig später steigt Lürssen Ende der 80er-Jahre in den Yachtbau ein. Bis heute setzt das Unternehmen Maßstäbe im privaten Bootsbau der Luxuskategorie. 2016 etwa wird die AZZAM ausgeliefert, mit über 180 Metern die längste Yacht der Welt. Und die wurde in weniger als drei Jahren gebaut. Auch bei einer der größten privaten Segelyachten, der EOS mit 93 Metern, setzt die Firma auf Innovationen, ohne die das Reisen auf der Yacht heute anders wäre: Denn die EOS war die erste Yacht, die ein spezielles Lagerungssystem für Motoren hatte, um den Geräuschpegel im Innern des Schiffes zu verringern. Mit der Übernahme mehrerer Werften konnte die Lürssen-Gruppe ihre Bedeutung vergrößern und gehört auch heute zu den Innovationen der Branche. Ob energieeffizientes Design, die weltweit erste Motoryacht mit Brennstoffzellen, die mit grünem Wasserstoff betrieben werden, oder die Erzeugung von biobasiertem Methanol-Wasserstoff an Bord – all das sorgt für ständig neue Revolutionen auf dem Yachten-Markt.

India Mahdavi

Sie ist die Königin der Farben und hat die Fröhlichkeit zurück in Hotellerie und Gastronomie gebracht. Die 62-jährige, iranisch-französische India Mahdavi ist Architektin und Innendesignerin und hat mit dem Londoner Restaurant Sketch 2014 Geschichte geschrieben. Sie tauchte die Wände und die Bänke in ein selbstbewusstes Rosa und sorgte damit für einen Social-Media-Trend. Das Sketch gilt als das meistfotografierte Restaurant und hat die Gestaltung gastronomischer Betriebe radikal verändert. Denn sie mussten plötzlich „instagramable“ sein. Gut fotografierbar und mit einem hohen Wiedererkennungswert. Was bietet sich da besser an als Farbe? Mahdavi und ihr Studio arbeiten weltweit; zu ihren Kunden gehören Ladurée und Louis Vuitton oder die Oetker Hotel Gruppe, die ihr Skihotel L’Apogée im französischen Courchevel von der Grande Dame des Designs gestalten ließ. Wo andere Skihotels mit Holzvertäfelung alpine Heimeligkeit erschaffen, arbeitete Mahdavi mit grünen, gelben oder roten Materialien und kariertem Boden und bewies, man kann immer noch geschmackvoller Ski fahren.
