Klaus St. Rainer und sein White Russian

In unserer Kolumne lädt Klaus St. Rainer, der Chef der Goldenen Bar in München, an die Bar und serviert neben Gedanken einen Drink. Dieses Mal: seinen White Russian.

Kaffee und Drinks. Ein perfektes Match. Sie ergänzen sich sowohl geschmacklich als auch in ihrer Wirkung perfekt. Deswegen liegt es nahe, sie nicht nur neben- oder nacheinander zu konsumieren, sondern auch zu mixen. Cocktails mit Kaffee oder Kaffeelikör haben in der Drink-Historie eine lange Tradition. Ein aktuelles Beispiel für diese gelungene Melange ist der Espresso Martini. Ich habe jedoch immer in klassischen Bars gearbeitet, in denen diesen Zweck der White Russian übernommen hat. Erfunden wurde der Espresso Martini Mitte der Achtzigerjahre von der Londoner Bartender-Instanz Dick Bradsell. Der Legende nach spazierte ein bekanntes Model in seine Bar in Soho und brachte einen speziellen Getränkewunsch mit: „It should wake me up and then fuck me up“, auf Deutsch etwa: Es soll mich aufwecken und dann umhauen. Ein einfaches Konzept mit durchschlagender Wirkung. So nannten wir den Drink scherzhaft auch „das Koks des kleinen Mannes“.

Sahne als Geheimtrick für den White Russian

Mir wird von einigen Kollegen nachgesagt, ich möge Espresso Martinis nicht. Richtig ist: Ich mag seinen Namen nicht, weil der Drink nichts mit einem Martini gemein hat. Abgesehen davon ist er ein Cocktail, dessen Erfolg völlig verdient ist. Der wahre Kern des Gerüchtes ist jedoch: Ich bevorzuge White Russians. In allen klassischen Bars, in denen ich gearbeitet habe, war der White Russian hauptsächlich ein Spendier-Drink. Etwas, das man in kleinen Gläsern guten Gästen ausgab. Er füllte genau die Nische, die heute der Espresso Martini besetzt hat: Wake me up and then fuck me up. Der kleine Muntermacher. 1998 kam dann noch eine Variante aus Hollywood hinzu: Angefacht durch den Film The Big Lebowski wurden damals White Russians zum Bestseller. Der Dude trinkt seinen jedoch on the rocks und mit half & half, also halb Milch, halb Sahne, und rührt mit dem Zeigefinger um.

Was braucht man also, um einen wirklich guten White Russian zu mixen? Sahne. Von Hand geschlagene, cremige Sahne. Nicht zu fest, nicht zu flüssig. So gelingt auch das „Layering“. So nennt man den Effekt, wenn sich Sahne und Kahlúa zunächst nicht vermischen und als separate Schichten im Glas serviert werden. Sahne bietet jedoch noch einen ganz anderen Vorteil. Während meiner Zeit im Schumann’s in München wechselten wir uns ab, um die Bar aufzuschließen und sie für den Abend vorzubereiten. Wir nannten diese Solo-Schicht „Aufsperrdienst“. Dabei hatte ich meine eigene Routine: Nachdem ich alle Aufgaben erledigt und eine Zigarette geraucht hatte, folgte der letzte Schritt: mit einem Rührbesen Sahne für unsere White Russians (und Café crème) zu schlagen. 

Sahneschlagen wird zur meditativen Tätigkeit

Eine ebenso monotone wie beruhigende Tätigkeit, die für mich das richtige Verhältnis von Wachsamkeit und Entspannung erforderte, um in eine Art meditativen Zustand zu kommen. Aus flüssiger Sahne leicht cremigen Schaum zu machen, dafür braucht man etwas Geduld. Doch es zahlt sich aus. Halb geschlagene eiskalte Sahne ist meine persönliche Geheimwaffe, sowohl im Café als auch in der Bar. Sie hält sich über Stunden im Kühlschrank frisch und kann jederzeit eingesetzt werden. Dabei gibt es nur einen Trick: Man muss mit einem Servierlöffel die geschlagene Sahne sanft aufrühren, bevor man sie benutzt. Zum Beispiel für einen White Russian. Sie ist übrigens auch sehr gesund. Wie ich festgestellt habe, zumindest für mein mentales Wohlbefinden.

Rezept für den White Russian

Zutaten

  • 30 ml Haku Japanese Vodka
  • 30 ml Kaffeelikör
  • 30 ml leicht geschlagene Sahne

Zubereitung

  • Vodka und Kaffeelikör 50 : 50 mischen, in eine saubere Flasche füllen und kalt stellen. Sahne zu einer luftig-leichten Creme schlagen und kalt stellen.
  • In einem kleinen Cocktailglas servieren. 2/3 Vodka-Kaffeelikör-Premix eingießen und mit der halb geschlagenen Sahne toppen.

Pflichtlektüre

„Homebar: Easy Cocktails für Zuhause” von Klaus St. Rainer