Ein Porsche fürs Wasser

Mit der Frauscher-Werft ging Porsche erstmals aufs Wasser. Jetzt wurde ein zweites Boot lanciert, mit einem vollelektrischen Macan-Antrieb. Wie geht es weiter? Ein Gespräch mit den Machern.
Text Marcus Krall

Die Österreicher meinen es nicht gut mit uns. Die Strecke vom Flughafen Salzburg nach Ohlsdorf ist gespickt mit Blitzern. „Ich bin hier lieber vorsichtig“, sagt der Fahrer, obwohl er ganz anders könnte, wenn er dürfte. Die Fahrt mit dem Porsche Macan Turbo, der E-Version mit 584 PS, fühlt sich als adäquat für den kommenden Termin an. Morgen wird es um Porsches Eintritt in die Welt des Yachtings gehen. Zusammen mit der Frauscher-Werft aus Ohlsdorf haben die Zuffenhausener bereits zwei Modelle lanciert, die den Antriebsstrang des Wagens, der gerade durch Österreich gleitet, im Heck haben.

In beiden Fahrzeugen sitzt der gleiche elektrische Antriebsstrang. Für den Macan Turbo fallen mindestens 114.000 Euro an, für die Frauscher X Porsche 850 eFantom 681.000 Euro.

Als die A1 im Rückspiegel verschwindet, lässt sich der Fahrer kurz hinreißen. Die Leistung des Turbos presst einen in die Sitze – von 0 auf 100 km/h benötigt der Macan gerade einmal drei Sekunden. Das Hotel ist in gefühlt zehn Sekunden erreicht. Dass Frauscher und Porsche gut zusammenpassen, wird bereits am Entree zur Werft deutlich. „Engineers of emotions“ steht da in großen Lettern im sonst eher schlichten Gewerbegebiet. Warum aber haben sich genau diese beiden Marken gefunden? Was steckt dahinter? Dafür sitzt Stefan Frauscher, einer der Werft-Geschäftsführer und drahtiger Ex-Leistungssportler, im Konferenzraum, wo auf einem rund zehn Meter langen Wandregal die Auszeichnungen der letzten Jahre eng beieinanderstehen. Jörg Kerner, Leiter der Baureihe Macan bei Porsche, wird so schnell als möglich dazukommen – „der Vorstand hat einen Call angesetzt“.

Stefan Frauscher (l.) und Jörg Kerner fachsimpeln im Cockpit der Frauscher X Porsche 850 eFantom. Dem offenen Boot folgt nun ein Runabout als zweiter maritimer Porsche.

Herr Frauscher, wer hat für diese Kooperation zuerst zum Telefonhörer gegriffen?

Stefan Frauscher: Porsche hat uns angerufen und gefragt, ob wir Lust hätten, gemeinsam ein Projekt auf die Beine zu stellen. Und ich muss sagen, da ist uns erst mal das Herz in die Hose gerutscht.

Warum?

Stefan Frauscher: Nun ja, das ist ja schon ein Ritterschlag, wenn solch eine prominente Marke sich für einen interessiert. Da stellen sich zunächst einmal grundlegende Fragen, ob man die Erwartungen erfüllen kann und wie ein Konzern mit einem Mittelständler überhaupt klarkommt. Die Abläufe sind ja schon sehr verschieden.

Und? War es kompliziert?

Stefan Frauscher: Nein, überhaupt nicht. Porsche ging es darum, den Elektroantrieb zu emotionalisieren, da die Sportwagen mit elektrischen Antrieb ein strategisch wichtiges Thema sind. Ein Boot, so hieß es aus der Strategiegruppe, sei das ideale Thema dafür. Als wir zusagten und in Zuffenhausen die Idee den Vorstand passiert hatte, ging es mit Fullspeed los. Über den Technologietransfer und die Entwicklung, den Macan Antrieb aufs Wasser zu bringen, habe ich schon gestaunt. Ohne einen großen Player wie Porsche hätten wir solch ein fortschrittliches Boot nie umsetzen können.

Stille Wasser: Das Elektroboot von Porsche und Frauscher fährt nahezu geräuschlos.

„Das ist aber schön zu hören.“ Jörg Kerner kommt dazu, Call beendet. Der energetische Manager war von Anfang an in das Projekt involviert und genießt die Trips nach Ohlsdorf. Der Mann fährt schließlich selbst Boot, wenn auch (noch) keine Frauscher.

Herr Kerner, im Yachting haben wir schon viele Kooperationsversuche zwischen Werften und Automarken gesehen. Geklappt hat das nie so richtig. Warum bei Porsche und Frauscher?

Jörg Kerner: Uns verbindet derselbe Anspruch in Sachen Performance, Design und Innovation. Zudem stimmt die Chemie zwischen allen Beteiligten, was mit Sicherheit auch an der räumlichen Nähe zueinander liegt. Und außerdem hat Frauscher ja schon einmal quasi für Porsche gebaut.

Stefan Frauscher: Stimmt, für die Familien Piëch und Porsche haben wir vor Jahrzehnten einmal konventionelle Boote gebaut. Und wir haben mit Porsche Consulting unsere neue Werft entwickelt. Ich glaube, es klappt, weil wir funktionierende Systeme kombiniert haben.

Wie meinen Sie das genau?

Stefan Frauscher: Nun, der Rumpf wurde nicht extra konzipiert, sondern für die Frauscher Porsche nur leicht modifiziert. Und Porsche hatte schließlich den Antriebsstrang für den Macan schon entwickelt.

Herr Frauscher ist Marketing-Profi. Was sagt der Techniker?

Jörg Kerner: Werftseitig musste der Heckbereich des Fantom Modells angepasst werden, um die Batterie dort unterbringen zu können. Die Gesamtbruttokapazität beträgt dabei rund 100 kWh. Bei ihrer Aufhängung im Tragrahmen haben wir uns für sogenannte Drahtseildämpfer entschieden: Diese absorbieren Stöße, wie sie unweigerlich bei schneller Fahrt und Wellengang entstehen, besonders gut. Daran musste schon etwas getüftelt werden. Für den Technologietransfer nutzen wir als Antrieb die stärkste Variante des Macan. Bei der Frauscher Porsche ist die Systemleistung allerdings auf 400 kW gedrosselt. Geschwindigkeiten von rund 90 km/h schienen uns ausreichend. Ein sehr hohes Tempo geht mitunter zulasten der Sicherheit.

Markenzeichen: Sitze und Lenkrad der Yacht sind mit einem Porsche-Logo versehen.

Warum ist ein Elektroboot die Zukunft auf dem Wasser?

Jörg Kerner: Jeder, der schon mit einem Elektroauto unterwegs war, weiß um die exzellente Beschleunigung. Das ist beim Boot nicht anders. Die einzigartigen Fahreigenschaften haben wir durch die tiefe zentrale Positionierung des Antriebs und der Batterien im Rumpf erreicht. Für die Kurven haben wir das Drehmoment sogar reduziert, damit die Fahrt komfortabel beherrschbar bleibt. Man fährt nahezu geräuschlos, was nach einer gewissen Zeit auf dem Wasser sehr angenehm ist. Man betreibt ein Hobby emissionsfrei – sofern Sie denn mit einem vollelektrischen Macan zum Boot reisen.

Wohin werden die Boote aktuell verkauft?

Stefan Frauscher: Die meisten Kunden nutzen sie auf den großen Seen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Hier gibt es oftmals keine Zulassungen mehr für Boote mit Verbrennungsmotoren oder man muss darauf, wie etwa am Starnberger See oder am Wörthersee, mitunter Jahrzehnte warten. Elektromodelle haben aktuell einen 40-prozentigen Anteil an unseren Verkaufszahlen. Dieser Wert wird sicher steigern.

Wie sieht es vor Ibiza oder in Saint-Tropez aus? Da sollte es doch genügend Kunden geben, die für solch einen maritimen Porsche affin sein müssten.

Stefan Frauscher: Es ist uns durch die Kooperation mit Porsche schon gelungen, Boote in den arabischen Raum zu verkaufen. Auch auf Mallorca liegt eines und eines steht als Tender auf einer Superyacht. Insbesondere bei den großen Yachten sehe ich aktuell Potenzial. In diesem Segment werden die Kunden ökologisch sensibler und sind bereit, für gute Technologie einen höheren Preis zu zahlen.

Das heißt, die E-Versionen sind noch teurer als die Verbrenner?

Stefan Frauscher: Aktuell liegen wir bei rund 30 Prozent Mehrkosten, ja. Aber dieser Wert wird sich annähern. Die Elektroboote werden günstiger werden.

Kritiker bemängeln die fehlende Infrastruktur vielerorts für schnelles Laden.

Jörg Kerner: Das ist das Henne-Ei-Problem, das häufig beim Straßenverkehr diskutiert wurde. In vielen Revieren wie etwa am Gardasee, an der Müritz, am Lago Maggiore, am Genfer See oder an der Côte d’Azur sind bereits Schnelllade-Säulen vorhanden. Damit sind in 25 Minuten 80 Prozent der Batteriekapazität kein Problem. Dieses Netzwerk wird weiter und schnell wachsen, neue Mitbewerber drängen auf den Markt. Grundsätzlich kann ein Elektroboot an jedem Stromnetz geladen werden, dann dauert der Ladevorgang eben etwas länger.

Stefan Frauscher: Kritiker müssen auch die Nutzung der Boote betrachten. Niemand fährt den ganzen Tag mit vollem Tempo. Die meisten Eigentümer fahren zum Baden, vielleicht etwas Wasserski und noch ins Restaurant. Ein Daycruiser kann problemlos über Nacht im Hafen laden, er benötigt nicht unbedingt die schnellen Säulen. Ein Boot ist anders als ein Auto zu betrachten, mit dem man vielleicht an einem Tag von Hamburg nach München fahren möchte und dann selbstverständlich nicht allzu viel Zeit an der Ladesäule verbringen kann.

Nach der Frauscher Porsche 850 eFantom Air wurde eine Variante mit geschlossenem Vordeck präsentiert. An wen richtet sich das Modell?

Stefan Frauscher: Die neue 850 Fantom ist ein klassisches Runabout und bietet eine Kajüte, sodass man mit ihr auch über Nacht auf dem Wasser bleiben kann. Sie ist in der Porsche-Exterieurfarbe Oakgreen Metallic Neo lackiert, mit einer Polsterung in Trüffelbraun ausgestattet und Teil der First Edition, die auf 25 Exemplare limitiert ist.

Muss man sich mit einer Bestellung beeilen?

Jörg Kerner: Ein paar wenige Exemplare sind noch verfügbar. Wir gehen aber davon aus, dass diese nach unserer gemeinsamen Roadshow im Sommer in Kundenhand übergehen. Und Sie können sich sicher sein, wir setzen die Zusammenarbeit mit Frauscher sehr gerne fort und arbeiten bereits an weiteren Ideen.